In der Hypnoseausbildung wird den sprachlichen Mitteln oft ein sehr großer Stellenwert beigemessen. Als Hypnotiseur spricht man während der Arbeit fortwährend. Insofern ist Sprache natürlich das wichtigste Werkzeug. Aber gerade Hypnotiseure, die sich bei ihrer Arbeit auf vorgefertigte Hypnoseskripte stützen, überschätzen die Bedeutung der sprachlichen Kniffe.
Die Texte in fertigen Hypnoseskripten sind tatsächlich ausgefeilt und eignen sich sicherlich hervorragend für Trockenübungen. Man sollte sich in der Praxis aber von diesen Skripten freimachen. In vielen Hypnosekursen wird den angehenden Hypnotiseuren beigebracht, vom Blatt abzulesen. Das funktioniert durchaus, hat aber entscheidende Nachteile. Die Skripte sind zwar kunstvoll, elegant und die sprachlichen Muster erzielen durchaus ihre Wirkung. Aber so ein Skript ist halt ziemlich unflexibel. Und wenn man als Hypnotiseur vom Blatt abliest, fällt es schwer gleichzeitig den Klienten genau zu beobachten. Da kann es dann durchaus passieren, dass man vorliest, wie schön es doch sei, sich mit geschlossenen Augen ruhig zu entspannen, während der Klient mit weit aufgerissenen Augen und deutlich erhöhtem Muskeltonus vor einem Sitzt. Wenn man merkt, dass Realität und Skript nicht mehr zusammen passen, kann man natürlich vom Skript abweichen. Aber wenn man bisher abgelesen hat statt frei zu formulieren, dann kommt es zu einem Bruch im bisher so geradlinigen Vorgehen.
Der entscheidenden Punkt ist aber, dass man wirklich schlecht Rapport aufbauen kann, wenn man seinen Text abliest anstatt einfach mit seinem Gegenüber zu sprechen. Daher lautet mein Rat: Weg mit den Hypnoseskripten. Benutzen Sie die Skripte ruhig, um sich Anregungen zu hohlen, aber in der Hypnosesitzung habe sie nichts verloren.
Weniger ist mehr
Der Grad an Finesse, der in Hypnoseskripten hochgehalten wird, ist in der Praxis überhaupt nicht notwendig. Das, was Sie durch die Feinheiten der sprachlichen Mittel dazu gewinnen, wiegt den Verlust an Aufmerksamkeit, Authentizität und Flexibilität bei weitem nicht auf.
Sie müssen lediglich in der Lage sein, einen Redefluss aufrecht zu erhalten, ohne sich dabei anzuhören, wie ein kaputter Plattenspieler, der immer wieder die gleichen Befehle abspult.
Vergleichen Sie einmal die beiden folgenden Beispiele:
Beispiel 1: Einzelne Sätze:
Sitzen Sie still.
Hören Sie auf meine Stimme.
Spüren Sie den Stuhl auf dem Sie sitzen.
Fühlen Sie sich Sicher.
Achten Sie auf Ihren Atem.
Ihr Atem wird ruhiger.
Schließen Sie die Augen.
Gehen Sie in Trance.
Beispiel 2: Ein fließender Text:
Sie brauchen überhaupt nichts zu tun. Sie können einfach ruhig da Sitzen und mir ganz entspannt zuhören. Und während Sie es sich bequem machen und den Stuhl spüren auf dem Sie sitzen, können Sie sich hier ganz sicher und geborgen fühlen. Wenn Sie mal auf Ihren Atem achten, dann merken Sie vielleicht, dass Ihr Atem schon von ganz allein begonnen hat, etwas ruhiger zu werden. Das bedeutet, dass Sie schon anfangen, in einen angenehmen, entspannten Trancezustand zu gleiten. Wenn Sie die Augen schließen, dann können Sie das bestimmt noch viel besser genießen.
Beispiel 1 besteht aus einzelnen Sätzen in Befehlsform. Das entspricht dem, was wir von Hypnotiseuren in einschlägigen Unterhaltungsfilmen kennen. Das Problem mit solchen direkten Anweisungen ist, dass Sie zum Widerstand geradezu auffordern. Aber das ist es ja gerade, was wir vermeiden wollen. Wir erinnern uns. Als Hypnotiseur wollen wir:
- Aufmerksamkeit fokussieren
- Widerstand vermeiden oder umgehen
- Automatisch ablaufende Reaktionen anregen
Dieses Problem haben wir mit dem zweiten Beispiel nicht. Wir haben aus den einzelnen harten Sätzen im Imperativ eine fließenden Text mit weicher Sprache gemacht. Wir geben keine Befehle, sondern sprechen einfach über die Dinge, die der Klient jetzt tun könnte, um auf möglichst angenehme Art in einen entspannten Tranceustand zu gehen. Die Befehle im ersten Beispiel stehen jeder für sich, und können daher auch jeder für sich abgelehnt werden. In Beispiel 2 sind die Vorschläge, die wir machen alle in einem weichen, Sprachbrei miteinander verkocht. Man verbindet Sätze mit „und, “oder„ oder “während„ und stellt mit “Wenn-Dann„ oder “Das Bedeutet., dass" Kausalzusammenhänge her.
Viel wichtiger als die Sprachmuster, ist die Art wie Sie die Worte vorbringen. Versetzen Sie zunächst sich selbst in den richtigen Bewusstseinszustand und stellen Sie sich dann auf Ihr gegenüber ein. Wenn Sie sich dabei zu viele Gedanken über die Sprachlichen Mittel machen, dann wird Ihnen das deutlich schwerer fallen. Weniger ist mehr. Wenn Sie voll und ganz bei der Sache sind und guten Rapport haben, können Sie auch die Sätze aus Beispiel 1 benutzen, und fahren dabei besser, als wenn Sie sich mit komplizierten Hypnotischen Sprachmustern überfordern, und darüber den Kontakt mit ihrem Partner verlieren.
Üben Sie ruhig die verschiedenen Sprachmuster. In der einschlägigen NLP Literatur finden sie Unmengen an Sprachmustern und dazu passende Übungen. Sprache ist eines unserer wichtigsten Werkzeuge. Aber in den meisten Fällen kommt man mit einem Text wie in Beispiel 2 prima zurecht, und selbst Beispiel 1 kann funktionieren, wenn alles andere stimmt.